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Hätten Sie nicht auch gerne einen „Robert De Niro“ in Ihrem Team?

Mai 17, 2022 | by Doris Pearce-Niederwieser | 5 min read
Fünf Argumente gegen Altersdiskriminierung bei der Mitarbeiterauswahl

Fast 700 Millionen Menschen sind heute laut Angaben der Vereinten Nationen über 60 Jahre alt. Zwei Milliarden und damit knapp über 20 Prozent der Weltbevölkerung werden es bis 2050 sein. In Bezug auf die sogenannte Alterspyramide wird dies in Deutschland häufig als Problematik angesehen. Es gibt aber auch Lichtblicke: Heutzutage leben wir gesünder und länger als jemals zuvor. Menschen in den Fünfzigern und Sechzigern wirken oft wesentlich agiler und jünger als in vorherigen Generationen. Auch in der Arbeitswelt haben sie daher einiges zu bieten. Diese Thematik entdeckte sogar Hollywood für sich und verlieh Robert De Niro die Stelle als Praktikant bei einem jungen Onlinemodehändler. Auch wenn wir ihnen keinen De Niro versprechen können, gibt es zahlreiche Gründe dafür, reifere Mitarbeiter einzustellen und zu halten.

Immer mehr Menschen über 60 wollen weiterhin einen aktiven Beitrag in der Arbeitswelt leisten, weil sie sich noch nicht reif für die Rente sehen. Viele Unternehmen und Belegschaften haben jedoch das Potenzial dieser Mitarbeitergruppe noch nicht (an)erkannt. Bereits ein Fünftel der Menschen in Deutschland hat schon eine Situation erlebt, in der wegen des Alters Benachteiligungen entstanden sind, so die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Benachteiligung aufgrund des Alters wird ebenso wie geschlechterspezifische Diskriminierung hauptsächlich am Arbeitsplatz erlebt. Deutschland ist mit dieser Thematik nicht allein. Laut einer Studie der University of South Australia war fast ein Drittel aller Australier von einer Art von altersbedingter Diskriminierung in der Arbeitssuche oder am Arbeitsplatz betroffen – und das bereits ab dem 45. Lebensjahr.

Angesicht des Fachkräftemangels und zunehmend flexibler Arbeitsmodelle, sollten Unternehmen gegenüber reiferen Mitarbeitern nicht voreingenommen sein. Denn es gibt viele überzeugende Argumente, die für diese Mitarbeitergruppe sprechen.

Zukunftsfähigkeit ist keine Frage des Alters

Im Zuge des digitalen Wandels wird viel darüber gesprochen, dass Unternehmen die „Zukunftsfähigkeit“ ihrer Mitarbeiter stärken müssen, damit sie sich an die Veränderungen anpassen können. Dazu gehört ein kultureller Wandel genauso wie die Arbeit mit neuen Technologien. Auch Fähigkeiten wie Teamwork, kritisches Denken, Problemlösen und Kommunikation (die sogenannten Soft Skills) werden immer wichtiger in unserer digitalen Arbeitswelt, in der die Automatisierung von Routineaufgaben stetig zunimmt. Diese Fähigkeiten sind teils Veranlagung, aber wir erwerben sie auch im Laufe des Berufslebens, im Arbeitsalltag und in unterschiedlichsten Arbeitssituationen. So sind diese Fähigkeiten bei vielen jüngeren Mitarbeitern noch nicht gänzlich entwickelt. Wer bereits länger in Berufsleben steht, konnte hingegen oft schon Erfahrungen darin sammeln, mit Kollegen auf unterschiedlichen hierarchischen Ebenen zu arbeiten, mit Politik am Arbeitsplatz umzugehen, Probleme zu diagnostizieren und Ideen zu kommunizieren.

Erfahren im Umgang mit technischem Wandel

Mittlerweile widerlegen viele Studien das Vorurteil, die ältere Belegschaft sei nicht technikaffin. Die deutschen Babyboomer sind laut Deloitte größtenteils im Besitz geeigneter Hardware für die digitalisierte Welt. 96 Prozent der 55- bis 74-Jährigen haben einen Laptop oder einen PC. Auch bei der Marktdurchdringung von Smartphones schließen sie zu den jüngeren Altersgruppen auf: 81 Prozent der Babyboomer besitzen ein solches. Außerdem hat diese Altersgruppe bereits weit drastischere Veränderungen im Bereich Technik durchlebt als jüngere Generationen. Wenn durch den digitalen Wandel also nun ein weiterer großer Umbruch bevorsteht, könnten sie möglicherweise sogar besser damit umgehen als jüngere Mitarbeiter. Angesichts des Tempos heutiger Veränderungen ist es aber auf jeden Fall die Aufgabe jedes Unternehmens, ein kontinuierliches Lernen für alle Mitarbeiter sicherzustellen.

Problemstellungen und Krisen bewältigen

Auch um konkrete Herausforderungen und Probleme im Berufsleben zu lösen, wenden wir gerne Erfahrungswerte an. Jüngere Mitarbeiter haben zwar oft Spitzenabschlüsse, aber noch wenig Wissen, angemessene Reaktionen unter Druck zu zeigen. Langjährige Lebens- und Arbeitserfahrung schafft Mitarbeiter mit Reife, die sich von Problemen wenig verunsichern lassen, die Ruhe bewahren und auf wertvolle Erfahrungen zurückgreifen können. In diesem Zusammenhang können sie auch hervorragende Mentoren für jüngere Generationen sein.

Höhere Mitarbeiterloyalität

Die Akquise neuer Mitarbeiter ist zeit- und kostspielig. Eine geringstmögliche Mitarbeiterfluktuation ist daher das Ziel von HR-Verantwortlichen. Viele Unternehmen fürchten, dass sie bei der Einstellung älterer Mitarbeiter das Risiko eingehen, dass sich diese bald in den Ruhestand verabschieden. Dabei bleiben ältere Arbeitnehmer erfahrungsgemäß oft länger im Unternehmen als jüngere, bei denen Familien- oder Karriereplanung einen Umzug und Unternehmenswechsel veranlassen können. Dagegen haben die älteren Mitarbeiter häufig bereits ihre angestrebten Karriereziele erreicht. Oftmals verhalten sie sich ihrem Arbeitgeber gegenüber loyaler und bringen ihm eine höhere Wertschätzung entgegen. Zudem gehen sie heute meist später in Pension – vor allem wenn sie Arbeitsklima und Arbeit schätzen.

Vorteile durch einen hohen Grad an Diversität

Unternehmen mit einem hohen Diversitätsgrad in Bezug auf Kultur, Ethnie und Geschlecht sind laut Studien leistungsfähiger. Unternehmen sind besonders profitabel, wenn sie einen hohen Grad an Diversität vorzuweisen haben. Das ergab eine McKinsey-Studie. Eine Untersuchung der Universität Zürich zeigt zudem, dass eine zunehmende Altersheterogenität erhebliche positive Produktivitätseffekte bewirken kann, insbesondere in innovativen und kreativen Unternehmen. Zwar wird nicht jeder Arbeitnehmer in der Lage sein, die gleiche Rolle zu übernehmen, die er vor zwanzig Jahren hatte – die meisten werden dies auch gar nicht wollen – doch bereichert seine Präsenz im Unternehmen die Tiefe des intellektuellen Potentials und die Vielfalt der Persönlichkeiten und Blickwinkel, was letztlich positiv zum Unternehmenserfolg beitragen kann.

Es gibt also viele Argumente, die dafürsprechen, reifere Arbeitnehmer einzustellen oder zu halten. Das könnte ein Denkanstoß für HR- und Personalverantwortliche und die nächsten Stellenbeschreibungen sowie Vorstellungsgespräche sein. Es würde sich für Unternehmen auch durchaus lohnen, über Arbeitsmodelle für diese spezielle Zielgruppe nachzudenken.

Die Expertin:

Doris Pearce-Niederwieser ist Senior Customer Sales Director bei SumTotal Systems. Die gebürtige Österreicherin hat einen Master-Abschluss in Organisationspsychologie und verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung im Markt für Lösungen zur Unterstützung von HR- und Human Capital Management (HCM) sowie Corporate Learning.

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